Dunkle Schatten - Narratho & Euvalie
Schreibkurs "Kreatives Schreiben"Aufgabenstellung: "Dunkle Schatten" - eine Kurzgeschichte schreiben
Einfach einmal das Aufschreiben, was einem gerade durch den Kopf geht...
Schreibkurs "Kreatives Schreiben"Aufgabenstellung: "Dunkle Schatten" - eine Kurzgeschichte schreiben
Und da sitzt er nun, der große schwere Elefant, auf meinem für ihn kleinen, zerbrechlichen Brustkorb, und raubt mir so den Atem. Während er es sich richtig schön gemütlich macht, ringe ich nach Luft und fühle mich dabei unwohl und gefangen. Selbstverständlich ist das Unsinn. Da sitzt doch kein Rüsseltier auf meiner Brust, doch dieses beklemmende Gefühl ist so real und greifbar, als ob es ein Rüsseltier wäre. Es drückt. Es schmerzt. Unsere Stimmung kann sich durch die unerwartete Situation stark verändern und wir können uns vermutlich unbehaglich oder sogar ängstlich fühlen. Doch woher kommt dieses Gefühl? Körperlich sind wir fit, gut oder wenigstens auf der Höhe. »Sie sind kerngesund« attestiert uns der Arzt.»Du betreibst mehr als genug Sport und bist müde« mahnen die Eltern. »Du wirst eben nicht jünger« scherzen die Freunde. Die Botschaft lautet, dass alles in bester Ordnung ist. Und rein körperlich betrachtet stimmt das vielleicht sogar. Und trotzdem ist sie vorhanden und deutlich spürbar. Diese Leere, diese Besorgnis. Einfach diese »Traurigkeit.«Und einmal ausgesprochen oder mitgeteilt, erntet man fragwürdige Blicke, prasseln die gegensätzlichen Argumente aus allen Richtungen auf einen ein.»Aber du bist immer so gut gelaunt.«»Du machst so viel und bist immer unterwegs und zielstrebig.«»Dich sieht man auf den Fotos immer glücklich lachend.«»Du hast einen Job, ein Dach über dem Kopf und kannst tun uns lassen, was du willst.«Es ist schwer, hierfür Gegenargumente zu finden, wenn man im Grunde seines Herzens selbst nicht ergründen kann, woher dieses unangenehme Gefühl kommt. Man möchte sich gern mit einem verständnisvollen Blick dem vorgesetzten gesellschaftlichen Spiegel entgegenstellen, ist aber dazu nicht in der Lage. Wie denn auch? Die Gesellschaft verlangt von uns, fehlerfrei und perfekt zu sein. Wir müssen die schönsten, die klügsten und vermögendsten Menschen sein. Zugeständnisse von Fehlern oder Versäumnissen sind tabu. Wer Schwäche zeigt, verliert. So läuft das Spiel. Medien und soziale Netzwerke verstärken den Drang, eine perfekte Welt hinter vorgehaltener Hand zu präsentieren. Doch eigentlich dürfen wir uns keinen Vorwurf machen. Wir Menschen streben danach, gesehen und geliebt zu werden. Wir wollen uns von unserer besten Seite zeigen und dafür anerkannt werden, was wir tun und wer wir sind. Wir wollen uns im großen Pool der Gesellschaft behaupten und mitschwimmen. So sind wir. Und ich denke, wenn wir alle ehrlich mit uns selbst sind, dann ist das zumindest nicht falsch.Die Gefahr, dass jemand in eine Abwärtsspirale gerät, besteht darin, dass er nicht überall Anerkennung und Aufmerksamkeit bekommt. Oftmals finden wir uns in einer Gesellschaft mit unterschiedlichen Meinungen und Ansichten wieder. Diese müssen nicht immer zwingend verkehrt sein, denn Kritik und Feedback können uns in unserer Entwicklung auch weiterhelfen. Wir tendieren dazu, nur das Negative oder den problematischen Aspekt zu verinnerlichen. Dies sind jene Dinge, die unsere Emotionen beeinflussen. Die uns glauben machen, nicht gut genug zu sein. Wir neigen dazu, die positiven Rückmeldungen als gegeben zu betrachten und ihnen weniger Wert zuzumessen. So entstehen negative Gedanken.So entstehen Mängel.So entsteht Traurigkeit.Oft wird uns das nicht gleich klar. Wir ziehen uns zurück und versuchen uns selbst ein Gefühl von Wert zu geben. Wir alle sind auch wertvoll. Das klingt doch paradox, nicht wahr? Das könnte aber der Wahrheit entsprechen.Doch was tut man nun, wenn der Elefant sich auf dem Brustkorb breit macht?Meiner Ansicht nach gibt es keine eindeutige Antwort darauf. In diesem Fall kann weder Medizin noch eine Kur Abhilfe schaffen. Wir werden uns mit der Frage auseinandersetzen müssen, wie wir uns selbst sehen. Ist es das, was ich tun möchte, oder tue ich es nur, weil es von anderen erwartet wird? Warum mache ich das? Was ist mein Ziel? Und wen möchte ich damit ansprechen? Das ist gewiss nicht einfach, denn wer möchte schon in seine eigenen finstersten Ecken sehen und womöglich dort Dinge ertasten, die man nicht ergreifen möchte. Ich glaube daran, dass wir Antworten auf die unangenehmen Dinge finden werden, wenn wir sie uns stellen. Ob diese uns weiterhelfen, kann ich leider nicht beurteilen. Jeder Mensch reagiert auf diese Situation individuell. Durch das Aufarbeiten unserer Dämonen können wir uns jedoch weiterentwickeln.Vielleicht ist der Elefant eines Tages nicht mehr ganz so müde und steigt von unserer Brust herunter.
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